Balkendiagramm für Normalverteilung von Chronotypen

Wie die innere Uhr tickt

Ich fühle mich ausgeschlafen. So, wie seit vielen Jahren nicht mehr. Es hat sich etwas ereignet, über das ich hier berichten werde. Ich wünsche mir, dass möglichst viele Menschen davon erfahren, denn es ist ein sehr wertvoller Schlüssel für ein gesünderes Zusammenleben in unserer Gesellschaft. Es ist eine ganz neue Entwicklung. Darin sehe ich ein riesengroßes Potential.

Meine „Forschungs-Reise“ zum Thema Zeitumstellung

Seit einiger Zeit befinde ich mich gemeinsam mit einigen Gleichgesinnten auf einer „Zeit-Reise“. Will heißen: auf einer gemeinsam Forschungsreise – im übertragenen Sinn. Dabei erkunden wir unsere Beziehung zum Thema Zeitumstellung und zur Zeit an sich.

Ausgangspunkt für diese Reise war die derzeitige politische Situation zur Zeitumstellung. 2019 war die Abschaffung der Zeitumstellung in der EU im Prinzip beschlossen worden. Nach 2021 sollte keine Umstellung mehr stattfinden, hieß es. Offen blieb die Einigung auf eine Lösung „danach“. Und dann kam Corona.

So stellen wir nach wie vor die Uhren um. Das Stimmungsbild in Deutschland besagt: Es gibt eine deutlich überwiegende Mehrheit für die Abschaffung der Zeitumstellung. Die Meinungen, welche Zeit nach der Abschaffung gelten soll, gehen allerdings auseinander. Sie liegen ungefähr bei 50/50 (Sommerzeit/Normalzeit).

Mit „Sommerzeit“ ist die Mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ) gemeint, die wir derzeit immer im Sommerhalbjahr haben. „Normalzeit“ ist die Mitteleuropäische Zeit (MEZ), die wir vom Winterhalbjahr gewohnt sind. Diese Zeit wird auch als „Normalzeit“ bezeichnet, weil sie vor der Einführung der Zeitumstellung das ganze Jahr galt.

Eine ganzheitliche Herangehensweise

Nach wie vor offen ist also die Frage, wie es nach der Abschaffung der Sommerzeit weitergehen soll. Als Demokratieentwicklerin hat diese Pattsituation mein Interesse geweckt. Was mich daran so reizt: Der übliche Mehrheitsentscheid führt hier offensichtlich nicht zu einer Lösung.

Gleichzeitig drängt nichts zur Eile. Es ist genug Zeit, das Thema in Ruhe genauer anzuschauen. So habe ich mich mit inzwischen zwei Gruppen von Interessierten auf den Weg gemacht mit der Frage: „Wie kann ein ganzheitlicher Prozess zum Thema Zeitumstellung aussehen?“

Parallel habe ich begonnen, auf der Vernetzungsplattform LinkedIn aktiv zu werden und habe dort Michael Wieden kennengelernt, der schon seit geraumer Zeit sein berufliches Schaffen und Wirken ganz dem Thema Chronobiologie widmet. Er bezeichnet sich selbst als „Pionier für Chronobiologie im Betrieblichen Gesundheitsmanagement“. Ich bin sehr dankbar für diesen Kontakt und konnte durch ihn schon viel lernen.

In einem ersten Artikel Experiment Zeitumstellung hatte ich beschreiben, wie ich über das Thema Zeitumstellung auf (vermeintlichen) Umwegen mein Herz für die Demokratie entdeckte. Diese Geschichte begann mit dem Satz: „Ich bin keine Frühaufsteherin.“

Dachte ich…

Eine einschneidende Erkenntnis

Nun habe ich es schriftlich bekommen: Seit über drei Jahrzehnten lebe ich gegen meinen genetisch festgelegten inneren Rhythmus. Diese unverrückbare Erkenntnis habe ich dem sog. BodyClock-Test zu verdanken, und diesen wiederum Michael Wieden. Ich bin ganz fasziniert, wo mich die „Zeit-Reise“ hinführt und wie die Puzzlesteinchen sich zusammenfügen. Mit der Frage nach einem ganzheitlichen Prozess hatte ich mich auf den Weg gemacht. Dieser Weg führt mich zu ganz persönlichen Antworten. Diese möchte ich mit der Welt teilen. Denn eines hat die Reise bisher klar gezeigt: An dem Thema Zeitumstellung hängt viel mehr dran als die Frage nach der „besseren“ Einstellung der Uhr. Für mich persönlich habe ich festgestellt, dass es sich lohnt, genauer hinzuschauen.

Kein Wunder, dass ich mich oft nicht leistungsfähig gefühlt habe. Ebenso wenig erstaunlich erscheint mir im Nachhinein, dass ich in den letzten drei Jahrzehnten mehr oder weniger massive Schlafstörungen entwickelt habe. Die Erfahrung, dass es in dieser Gesellschaft oft als faul, unmotiviert oder ähnliches kritisiert wird, mehr als 6 Stunden Schlaf zu brauchen, musste ich schon öfters machen. Sie hat mich sehr geprägt. Ebenso geprägt hat mich meine Kindheit und Jugend im damals üblichen Tagesschau-Takt: Ab 20 Uhr war Feierabend, beginnend mit der Tagesschau und danach oft noch ein Film.

Nie wäre ich von mir aus auf die Idee gekommen, dass meine optimale Einschlafzeit, wie nun der BodyClock-Test ergeben hat, bei 22 Uhr liegt. Eigentlich stimmt das Wort „optimal“ nicht einmal. Noch genauer trifft es die Aussage: Mein genetisch vorgesehener Einschlaf-Zeitpunkt ist gegen 22 Uhr.

Die genetisch bedingte innere Uhr

So tickt also meine innere Uhr. Ich wusste das nicht. Bereits 2 1/2 Stunden vorher beginnt die Melatonin-Produktion. Das Licht von Bildschirmen, auch von Tablet oder Smartphone, schränkt diese ein. Entsprechend sollte ich zugunsten eines besseren Schlafes schon ab 19:30 Uhr darauf verzichten, in einen Bildschirm zu schauen. Abendliche Online-Meetings adé. Mails bearbeiten und Messenger oder Soziale Netzwerke checken ebenso.

Die genannten Zahlen gelten für die Sommerzeit. Ab Ende Oktober verschiebt sich das Ganze noch um eine Stunde nach vorn. Dann heißt es für mich: Bereits ab 18:30 Uhr bildschirmfrei und um 21 Uhr die optimale Einschlafzeit. Das hatte tatsächlich bisher außerhalb meiner Vorstellung gelegen. Deshalb hatte ich mich nie für eine Frühaufsteherin gehalten.

Durch den BodyClock-Test habe ich nun gelernt, warum ich nie wirklich ausgeschlafen war. Ich hatte mir, also meinem Körper, nie die Chance gegeben, zur richtigen Zeit einzuschlafen. Richtig im Sinne von meiner persönlichen genetischen Disposition entsprechend. Ebenso unveränderlich wie meine Schuh- bzw. Fußgröße. Das muss ich erst einmal verdauen… Sorry, mein lieber Körper, nächstens werde ich besser auf dich aufpassen. Versprochen.

Der BodyClock-Test

Dafür, dass ich nun per Post erfahren kann, wie meine innere Uhr tickt, zumindest hinsichtlich der Einschlaf-Zeit, hat es einige Vorarbeit von Pionieren in der Wissenschaft gebraucht.

Anfang der 70er Jahre wies der Mikrobiologe Ronald Konopka als Erster nach, dass es einen Zusammenhang zwischen der inneren Uhr und unseren Genen gibt. Auf diesen Grundstein bauten die Chronobiologen Jeffrey C. Hall, Michael Rosbash und Michael W. Young auf. Mitte der 80er Jahre konnte das zuständige Gen isoliert werden. Seitdem wurden weitere Gene entdeckt, die im Zusammenhang mit den inneren Rhythmus stehen. Für eine gesunde Regulierung des Rhythmus benötigt unser Körper zusätzlich genügend Sonnenlicht. Für ihre bahnbrechenden Erkenntnisse erhielten die drei Forscher Hall, Rosbash und Young 2017 den Nobelpreis in der Kategorie Medizin oder Physiologie.

Bis vor Kurzem konnte der individuelle biologische Rhythmus nur in einem aufwändigen Verfahren aus einer Reihe von Speichelproben ermittelt werden. Im Frühjahr 2021 kam nun der aktuelle Test auf den Markt. Fünf Jahre Forschung und klinische Validierung durch die Charité Berlin ermöglichten, dass es heute einen einfachen Haarwurzeltest, genauer Follikel-Test gibt. Jeder Mensch kann ihn bestellen, die Probe zu Hause zusammenstellen und das Ergebnis im Labor ermitteln lassen. Mehr zur Geschichte des Tests und zur Vision des BodyClock-Teams hier.

Das gesellschaftliche Potential

Im einleitenden Absatz hatte ich BodyClock großspurig als einen „Schlüssel für ein gesünderes Zusammenleben in unserer Gesellschaft“ angekündigt. Auf den ersten Blick mag das etwas übertrieben klingen. Denn was heißt das nun konkret, wo kann man ansetzen?

Was ich in der letzten Zeit von der praktischen Pionierarbeit dazu mitbekommen habe, lässt mich tatsächlich ein großes Potential erahnen.

In einer Klinik in meiner Region gab es eine Studie und anschließend ein Pilotprojekt zu chronotypenorientierter Personaleinsatzplanung. Will heißen: Schichtpläne so zu erstellen, dass die Einsätze möglichst nah an der biologischen inneren Uhr der Mitarbeiter:innen liegen. Das kommt der Gesundheit der Mitarbeiter:innen entgegen und damit auch den Patient:innen und letztlich auch dem Arbeitgeber. Also unterm Strich allen. Mehr zur Studie an der Wartenberger Klinik hier.

Wie kann auch Schule flexibler werden und sich besser auf die individuellen biologischen Uhren einstellen? Auch das ist ein Herzensanliegen von Michael Wieden. Ich bin gespannt, welche Neuigkeiten es dazu in der nächsten Zeit geben wird.

Am Rande erwähnt

Ausgangspunkt für das Projekt an der Wartenberger Klinik waren übrigens die Ergebnisse von internen Erhebungen wie Mitarbeiterbefragungen und Qualitätsaudits. Schlafstörungen waren dabei häufig als Problem benannt worden. Schön zu sehen, was entstehen kann, wenn die Ergebnisse solcher Befragungen nicht in der Schublade verschwinden. Wenn sie also ernst genommen werden. Und wenn dann auch gemeinsam gehandelt wird. In meinen Augen ein vorbildliches Beispiel. Noch mehr Informationen zu diesem Pilotprojekt gibt es hier.

„Das haben wir noch nie so gemacht“ gilt für mich nicht mehr als Argument, wenn wir es wirklich ernst meinen mit einem enkeltauglichen Leben. Was dort in Wartenberg geschehen ist, verstehe ich persönlich auch als eine Bestätigung für meine Entscheidung, meinen beruflichen Beitrag für die Weiterentwicklung unserer Demokratie ausgerechnet mit Mitarbeiterbefragungen in bayerischen Gemeinden zu beginnen. Denn ein gutes, am Menschen orientiertes Zusammenspiel an Stellen, die dem Gemeinwohl besonders dienen, dient auch einer gesunden Entwicklung im Ganzen.

Interessiert am BodyClock-Test?

Nun noch einige ganz praktische Informationen zum erwähnten Test. Man muss dafür einige Zeit einplanen. Nach der Bestellung kann es etwas dauern, bis das Testset per Postsendung eintrifft. Zur Bestimmung des Chronotypen braucht es eine Probe, die aus einigen Haarwurzeln samt Follikel besteht. In der beiliegenden Anleitung ist sehr genau beschrieben, wie man vorgeht und was dabei wichtig ist. Für den Fall der Fälle liegt ein zweites Probengefäß bei, falls vom Labor die Nachricht kommen sollte, dass die erste Probe nicht verwertbar ist. Die Kommunikation fand ich sehr angenehm. Ich wurde über jeden Schritt informiert. Wann das Testset ungefähr geliefert wird. Wann meine Probe im Labor eingetroffen ist. Und wie lange es dann noch etwa dauern wird, bis das Ergebnis vorliegt. Dieses habe ich schließlich per E-Mail erhalten, zusammen mit einer ausführlichen Erläuterung und Empfehlungen, was ich nun in meinem Tagesablauf ändern kann, um meinen äußeren Rhythmus möglichst gut an meinen inneren anzugleichen.

Die Kosten für den Test sind nicht gerade niedrig. Aber wenn ich das umfangreiche Begleitmaterial und die mögliche positive Auswirkung auf mein Leben bedenke, hat sich das investierte Geld auf jeden Fall gelohnt.

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